Gina Talarico - Der stumme Klang einer Heldentat

Der kühne Einbruch des Rabenjungen bringt ihn mit der Pilotin der Abenteuer zusammen. Die Suche nach dem einzigen Gegenstand, der seine Schwester retten kann, beginnt.


In der Ferne konnte er das Wunderhund sehen. Jenes Riesenrad, das in der Automatenwelt, einem eigenen Teil des Kesselviertels, auf der ehemaligen Kirmes von Wale Wunderhund stand. Die Bernsteinaugen des jungen Mannes leuchteten unter dem schwarzen Kohlestaub, den der junge Mann sich um die Augen geschmiert hatte. Seine dürre Gestalt zeichnete sich kaum vor dem sich lila färbenden Flammenmeer der untergehenden Sonne ab. Unter seinen dünnen Fingern spürte er die kalten, von Ruß bedeckten Ziegel. Zwischen den Raben kauernd, wurden seine Konturen vor aller Augen verwischt.

Die schwarzen Vögel waren seine Geister, verbunden durch ein magisches Band, wie es für die Phoxkultur bekannt war. Bryn hatte sie gerufen und angewiesen, sich auf dem Dach um seinen schlanken Körper herum niederzulassen. Er lauerte darauf, dass ein Fenster in dem Bankiershaus von Gunner Fliegenstein geöffnet wurde, während sich der Schwarzhaarige an die roten Worte auf dem vergilbten Papier erinnerte. Mama Jane las ihm den Drohbrief des Ordens vor, der am Vortag angekommen war. Sie hatten seine Schwester entführt. Gunner Fliegenstein war im Besitz des Libas, welches die Entführer verlangten. Erst, wenn er diesen multifunktionalen Taschenautomaten gebracht hatte, könnte er Holly befreien und versuchen zu vergessen, dass es diesen Moment je gegeben hatte.

Der Bankier kaufte sich bei der ersten Produktionscharge eines der nunmehr begehrten Libas. Das berichtete ihm seine Schwester, als sie einmal von ihrem Arbeitstag als Musiklehrerin für die Bankierstochter zurückgekommen war. Bryn spekulierte darauf, dass der Orden Holly wegen der Verbindung zu einem der Erfinder dieses Automaten entführt hatten: Sein Urgroßvater Lindrovic. Ursprünglich wurden diese Automaten als das Lichtdurchflutete Bandgerät bezeichnet, da die Tonaufnahmen und die Taschenlaterne die ersten Funktionen des Automaten gewesen waren. Kurzform Liba.

Das erste Liba, so nannten die Entführer es in ihrem Brief. Damit mussten sie ein Liba aus der ersten Produktion meinen, so hatte der Mann von knapp zwanzig Sommern kombiniert. Bryn meinte sich zu erinnern, dass sein Vater einmal von einer Zusammenarbeit zwischen Lindrovic und dem Orden berichtete, doch genau wusste er es nicht mehr.

Einer der Raben gab ein leises Krah von sich. Es klang sanft, wie der Laut einer Mutter, die ihr Neugeborenes in den Schlaf wog. Bryn horchte auf. Seine schwarzen Locken fielen ihm in die Stirn. Da öffnete sich das Fenster, auf das er schon den ganzen Abend starrte. Er konnte die feinen Hände einer Magd erkennen, die sich daran machte, die Lichter zu löschen und die stickige Luft des Tages mit der kühlen Frische des hereinbrechenden Abends auszutauschen.

Das war Bryns Einladung. Auf seinem schmalen Gesicht zeichnete sich die Anspannung ab. Seine Augenbrauen, zusammengezogen wie ein Gewittersturm an einem verregneten Herbsttag, gaben ihm einen fast konstant besorgten Ausdruck. Das ölbeschmierte Hemd klebte an einem der Ziegel, weil er so lange auf dem Dach gekauert hatte. Als er sich erhob, riss der Stoff etwas ein und Bryn verkniff sich einen Fluch. Vorsichtig sprang er zu dem Fenster hinüber und ließ sich von den Raben verbergen. Geschmeidig wie eine Katze, die sich bei ihrem Sprung verschätzte, durchbrach Bryn den Vorhang als er durch das Fenster stieg. Mit dem Fuß blieb er an einem Stuhlbein hängen. Das Holz schlug polternd gegen die massive Tischkante und ließ einen Bilderrahmen das Gleichgewicht verlieren. Das Glas wäre mit einem klirrenden Geräusch auf dem Boden aufgekommen, wäre nicht einer der Rabenvögel Bryn gefolgt. Dieser schnappte sich den hölzernen Rahmen aus der Luft und flatterte damit auf ein nahes Bücherregal.

Das Poltern ließ Bryn in der Bewegung einfrieren. Er hielt die Luft an und lauschte mit wachsender Verzweiflung, ob Schritte vor der geschlossenen Holztür zu hören waren. Als sich der junge Mann umdrehte, um nach dem Taschenautomaten zu suchen, fand er sich plötzlich einem lebensgroßen Gemälde von Gunner Fliegenstein gegenüber. Ein angstvolles Krah entfloh dem Phox, was die Raben mit einem Schlag auf das Fenstersims rief. Es war ein hässliches flatterndes Lärmen, der sein Eindringen in das Arbeitszimmer nicht länger verschleierte. Er wünschte sich zutiefst, den Mund gehalten zu haben. Hastig und ohne zu überlegen, fuhr er mit den Händen durch die abendlich dämmrige Dunkelheit. Im Geiste verfluchte er sich dafür, dass er keine Taschenlaterne mitgenommen hatte. Es war nicht leicht, ein Liba von der Größe einer Handfläche zu finden. Nicht zuletzt, weil ein es zusätzlich die Form jeder beliebigen Spiel- oder Taschenuhr aufweisen konnte. Auf Knopfdruck fungierte es als Zeitmesser, Schreibgerät, Feuerzeug, Taschenlaterne und Aufnahme- sowie Abspielgerät. Er hatte sich das einfacher vorgestellt und jetzt wurde ihm immer schmerzlicher bewusst, wie falsch er lag. Verzweifelt versuchte er sich daran zu erinnern, welche Form das Liba aufwies, welches Gunner Fliegenstein seinerzeit für eine Unsumme an Lysta erstanden hatte. Ihm wollte es beim besten Willen nicht einfallen.

»Krah! Krah! Menschen!«.

Aufgeregt flatterte der Rabe auf dem Bücherregal mit den Flügeln und ließ das Bild fallen, während vor dem Fenster noch immer die Schar der Todesvögel tobte.

»Wollt ihr wohl still sein!«, zischte Bryn in der Sprache seiner Gefährten, wie es für die magische Kultur der Phox üblich war.

Doch die Raben waren zu aufgeregt, um auf ihn zu hören. Inmitten dieses Chaos sprang die Tür plötzlich auf und der Schein einer Handlaterne fuhr über eine kleine, grünliche Spieluhr auf einem der Regalbretter.

»Einbrecher!«

Es war nicht Gunner Fliegenstein, der da in seinem Rücken brüllte, sondern die Stimme einer jungen Frau. Sie ging Bryn durch Mark und Bein, begleitet von der Erkenntnis, dass er erwischt worden war.

»Schnapp dir das Liba!«, krähte er in der disharmonischen Rabenzunge, als er bereits auf das Fenstersims sprang und einen erschrockenen Blick über die Schulter warf.

Erhellt vom Schein der Wandlichter konnte er blaues Haar ausmachen, das dem Mädchen seidig wie ein Wasserfall bis zur Brust fiel. Schnell riss er sich aus seiner Starre. Das schwarze Federkleid streifte seine Wange und ließ ihn für einen Moment erblinden, als er vom Fenstersims auf das nächste Dach sprang. Er war bei weitem kein Akrobat.

»Garde! Einbrecher!« erschallte es erneut.

Die Vögel vertreibend, suchte Bryn den sichersten Weg auf die Straße und jagte mit donnernden Schritten über das Kopfsteinpflaster. Er hielt sich gar nicht damit auf, noch einmal über die Schulter zu spähen oder nach Verstecken zu suchen. Seine langen Beine brachten ihn in einem aberwitzigen Tempo in sichere Entfernung. Seine Lungen bissen bei jedem Atemzug und er trat mit solcher Wucht auf, dass er fürchtete, die Garde würde lediglich den Spuren seiner Schuhe folgen müssen, um ihn zu schnappen. Als würde er mit jedem Schritt den Fußabdruck eines Steingolems hinterlassen. Der Blick seiner goldenen Augen blieb auf den bunten Lichtern des Wunderhund hängen. Das Riesenrad und würde ihn schützen. Sie, die Bettler und Illegalen, waren eine Familie.

Während Bryn durch die Nacht flog, als hätten die schwarzen Boten ihm Flügel verliehen, stand Mara Fliegenstein mit der Laterne in der Hand im Arbeitszimmer ihres Vaters und blickte ihm hinterher. Auf dem Regal fehlte die kleine Spieluhr, die ihr Vater hütete wie einen Augapfel und auf der Straße hörte sie Rufe und die schweren Tritte der nutzlosen Gardisten. Ihr Vater war auf der Vorführung eines neuen Dampfmobils auf der nordwestlichen Seite des Kesselviertels und würde erst spät in der Nacht zurückkehren. Was würde er sagen, wenn sein über alles geliebtes Liba verschwunden wäre?

Die ersten Chargen des beliebten Automaten besaßen unter Sammlern einen ungemein hohen Wert und wurden seither immer weiter modernisiert. Hatte ein Straßenjunge sich erhofft, mit diesem Gerät sein Abendessen bezahlen zu können? Er konnte mit Raben sprechen, das hatte sie genau gehört. Obwohl ein Teil von ihr mit den abergläubischen Geschichten über die Phox Kultur und ihre barbarischen Eigenschaften haderte, wurde ein anderer Teil neugierig. Sie hatte noch keine richtige Begegnung mit den Flüchtlingen aus einem fernen südlichen Land gehabt. Zumindest nicht, dass sie es wüsste.

»Gnädige Frau, die Garde ist hier.«

Die Magd machte einen leichten Knicks und riss Mara aus ihren Gedanken. Schnell stellte sie sicher, dass ihr Morgenrock die Kleidung, die sie darunter trug, verbarg.

Ein Gardist mit Bierbauch, Bart und Schweinsaugen baute sich vor der jungen Frau mit Sommersprossen auf. Er ließ seinen von Alkohol vernebelten Blick über Mara schweifen. Die schmutzigen Lederstiefel und die Fliegerbrille, die ihr um den Hals baumelte, quittierte er mit einem ekelerregenden Hochziehen seiner Nase.

»Madame, Sie wollen einen Einbruch melden? Meine Männer schwärmen bereits aus.«

Mara überkam das Bedürfnis, den Mann auszulachen. Im Kesselviertel war jeder Stadtstreicher kompetenter als die fett gefressene Garde, wenn es darum ging, Diebe und anderes Gesindel zu finden. Ihr schmaler Mundwinkel zuckte belustigt in die Höhe, quetschte ein paar Sommersprossen und verlieh ihren schmalen grünen Augen das Antlitz eines Wiesels.

»Soweit ich beurteilen kann, scheint nichts zu fehlen. Dennoch ist es eine Schande, dass in einer solchen Dreistigkeit eingebrochen werden kann.«

Sie spielte die erzürnte Bankierstochter. Mara wusste, dass die Garde sich trotz aller Lobpreisungen des Mandaten, nicht die Mühe machte, Kleinkriminelle besonders schnell in die Finger zu bekommen. Darum verschwieg sie dem Mann, dass eines der wertvollsten Besitztümer ihres Vaters gestohlen worden war. Auch die Tatsache, dass es sich um einen Angehörigen der Phox handelte, ließ sie galant unter den Tisch fallen. Sie witterte ein Abenteuer. Das würde ihrem Vater missfallen, aber wenn sie das Kleinod schnellstmöglich an seinen angestammten Platz zurückbringen würde, dann würde ihr Herr Papa gar nicht erst bemerken, dass es jemals gefehlt hatte.

Mara war sich sicher, dass sie wesentlich schneller sein konnte als die Garde. Vor allem, weil sie einen Aufspürautomaten ausprobieren würde, an dem ein befreundeter Erfinder gerade bastelte. Zusätzlich sollte es im lauen Sommer kein Problem sein, den Rußspuren des Einbrechers zu folgen. Für die Nacht würde sie den Jungen jedoch laufen lassen. Valys zu verlassen würde ihm ohnehin schwerfallen, denn obwohl Mara von der Garde nicht besonders überzeugt war, war diese im strengen Kontrollieren der Stadteingänge noch immer besonders erfolgreich.

Das Wunderhund ragte aus den halb verfallenen Häusern auf wie ein Gerippe einer auf Hochglanz gebrachten Vogelscheuche in den Feldern vor den Stadttoren. Es wirkte immer etwas deplatziert zwischen den löchrigen Zelten auf dem Boden. Es versprach Geheimnisse vergangener Zeiten, das mystische Element hinter den rasant wechselnden Farben, Formen und Technologien des Kesselviertels. Hier war Bryn zu Hause. In Gondel Sieben, die jetzt hoch oben über den Dächern der Ruinen schwebte und die er zu dieser späten Stunde nur über die Stiegen an der Seite des Zahnradgerippes erreichen würde.

Wehmütig erinnerte sich Bryn daran, wie Hollys Lachen normalerweise von den Wänden des kleinen zugähnlichen Wagons widerhallte, wie die hellen Töne des Phoxigon. So beschrieb Bryns Vater Ludrich seine Schwester immer. Er hatte als einziger der dreiköpfigen Familie das letzte Spiel der großen Orgel gehört, kurz nach den Anschlägen des Grauen Sommers.

Jene zwei Wochen waren angefüllt gewesen von grauen Wolken und schrecklicher Atemnot. Ein magischer Rauch hatte sich in Valys ausgebreitet und viele Unschuldige qualvoll ersticken lassen. Die Phox waren für diese Anschläge verantwortlich gemacht worden, obwohl jedem klar war, dass die geringe Magie dieser Menschen nicht dazu ausreichte.

Bryn versuchte den kreischenden Schmerz seiner Muskeln zu ignorieren, als er die metallenen Streben erklomm und die Vergangenheit eine schwere Melancholie über seinen Geist legte. Oben angekommen, brodelte ein nervöses Feuer unter seiner Haut. Er zählte bis drei in dem Bemühen, seiner Nerven wieder Herr zu werden.

»Ein rotes Licht … zwei rote Lichter … drei rote Lichter«, perlte es von seinen spröden Lippen, während seine Augen das Bild der im Zwielicht liegenden Stadt aufnahmen.

In der Ferne konnte er die hohen, feuerroten Mauern des Ordens erkennen. Einer seiner Raben hatte ihm gesagt, dass Holly hinter diesen Mauern verschwunden sei. Erneut fraß sich die Angst durch seine Eingeweide, geschürt durch Geschichten über grausame Experimente an magischen Kulturen, die der Orden dort hinter verschlossenen Türen durchführen sollte. Unweigerlich fragte er sich, ob seine Schwester zu dieser Stunde auch Teil eines solchen Experiments wurde, nur weil er zu langsam war.

»Liba! Liba! Kra, kra, kra!«

Der helle Ruf eines Raben riss Bryn aus seinen Gedanken. Schnell drehte er sich herum und öffnete die schwere Schiebetür der Gondel. Der schwarze Vogel sauste hinein und platzierte sich auf dem kleinen Tisch, der in dieser winzigen Behausung alle Funktionen ausführte, die ein Tisch haben konnte. Als der schwarze Bote mit kratzenden Krallen über die Tischplatte hüpfte, erblickte Bryn die golden verzierte, in Grün gehaltene Spieluhr. Das Liba. Eines der ersten Charge. Er fragte sich, wie wertvoll dieses Ding sein mochte.

»Danke,Udo«

Die Erleichterung war unverkennbar in Bryns Stimme zu hören, als er sich darauf stürzte und es hastig in den Fingern drehte. Fieberhaft probierte er alle Funktionen aus, die er kannte und angelte nach einer Lupe. Er suchte ein Zeichen, ein Symbol, von dem die Entführer geschrieben hatten: das Symbol der Morgenröte. Er wusste nicht, wie dieses Symbol aussah, glaubte aber, dass er es erkennen würde, sollte er es entdecken. Im Schein des kleinen Lichtautomaten war es eine mühselige Arbeit, die er sich die halbe Nacht auferlegte. Alsbald schmerzten seine Augen in ähnlicher Weise wie seine Beine und er gab dem natürlichen Verlangen nach Schlaf und Ruhe nach.

»Eindringling! Krah, Krah! Eindringling, Kra!«

Der hässliche Weckruf schmerzte Bryn am frühen Morgen in den Ohren. Er riss die Augen auf und blickte in zwei smaragdgrüne Pupillen eines fremden Mädchens. Ein Schrei entfuhr ihm und er sprang reflexartig auf, wobei er der Unbekannten eine Kopfnuss gab und sich stöhnend die Stirn rieb. Sie fluchte leise und wollte ihm ausweichen, doch ihre Fliegerbrille hatte sich an seiner Bettdecke verhakt und ließ die beiden einen kuriosen Schuhplattler tanzen. Dann riss der alte Stoff des Überzugs und Bryn sah zu, wie sie in die Ecke der Gondel stolperte.

Alles wurde begleitet vom aufgeregten Kreischen des Raben, der versuchte, die Fremde an den blauen Haaren zu ziehen und mit den Flügeln auf sie einschlug wie auf eine Trommel bei einem Musikfest. Bryn glaubte ein leises Glucksen aus der Ecke zu hören und fragte sich, ob das Mädchen gerade lachte. Schnell rappelte er sich auf die Füße und griff nach dem nächstbesten Gegenstand, um ihn als Waffe auf die Unbekannte zu richten.

»Wer bist du?«, verlangte er zu wissen, sobald er seinen Stand gefunden hatte. Während die Worte seine Lippen verließen, ignorierte Bryn, dass er sie mit einer Lupe bedrohte. »Wie kommst du hierher?«
Sein goldener Blick fiel auf das Liba in ihrer Hand. Ohne darüber nachzudenken, woher die junge Frau es genommen hatte, stürzte er sich auf sie.

»Gib das her!«

»Nicht so schnell, Freundchen«, hörte er sie fauchen.

Sie zückte im nächsten Moment einen altmodischen Dolch aus ihrem Stiefel und richtete die scharfe Scheide auf ihn. Er fror in der Bewegung ein, sein Herz pochte ihm laut in den Ohren. Er hörte kaum, was sie als Nächstes sagte. Sein Blick lag auf dem Dolch und dann auf ihrer Kleidung. Die Fliegerbrille, das blaue Haar, die Sommersprossen, die vornehme Kleidung. Alles setzte sich in Bryns Kopf zu einer einzigen Beschreibung zusammen, die er von seiner kleinen Schwester gehört hatte. Vor ihm stand die Bankierstochter.
»Wenn du dich selbst stellst und bei dem großen Bankier um Gnade bittest.«

Bryn blinzelte sie an und pure Verzweiflung huschte über seine hageren Züge. Er gab seine Haltung auf und ließ sich, wie ein gebrochener Automat, dem das Leben abhandenkam, auf einen Berg ölverschmierter Wäsche fallen.

»Du bist Mara«, sprach er seine Schlussfolgerung aus, so leise, dass er glaubte, sie könne ihn gar nicht hören.

Als er aufblickte, hatte Mara den Dolch jedoch sinken lassen und sah ihn verwundert an. Er konnte ihr am Gesicht ansehen, was sie dachte: Ein Illegaler kennt meinen Namen?

»Holly hat mir von dir erzählt«, erklärte er, »Mara Fliegenstein, die Pilotin der Abenteuer, nennt sie dich.«

Jetzt, wo er Maras Namen ausgesprochen hatte, verließ Bryn jeder Lebensmut. Er hatte noch einen Tag, um dieses Symbol zu finden und seine Schwester zu retten. Sicher wartete unten bereits die Garde auf ihn. Er würde im Gefängnis landen oder der Stadt verwiesen werden. Es war alles aus.

Bryns Schwester stand seit zwei Jahren im Dienst ihrer Familie und Mara hatte den wilden Lockenkopf ins Herz geschlossen. Nicht zuletzt, da Holly die schrecklichen Stunden des Musikunterrichts durch ihr ausgezeichnetes Gehör immer zu kleinen Abenteuern formte. Den großen Bruder, von dem das blinde Mädchen mit der Senfschleife immerzu sprach, den hatte sie sich gänzlich anders vorgestellt.

»Holly ist krank, hat man uns gesagt. Du bist also ihr Bruder.«

Es war eine Feststellung mit einer offensichtlichen Prise Überraschung in ihrer Stimme. Mara steckte den Dolch weg.

»Ich wollte einen Aufspürautomaten ausprobieren, aber der hatte zu viele Fehlfunktionen. Ich habe mich durchgefragt, als ich die Rußspur verloren hatte. Nach dem Jungen mit den goldenen Augen, der mit Raben spricht. Hier bist du bekannt wie ein bunter Hund. Aber ich wusste nicht, dass du Hollys Bruder bist. Sie ist nicht krank, oder?«

Vorsichtig suchte die Bankierstochter sich einen Platz auf dem Bett und setzte sich Bryn gegenüber. Ihre grünen Augen lagen mit mütterlicher Sanftheit auf dem Bruder ihrer Freundin. Sie war ehrlich besorgt.

»Nein«, gab Bryn schließlich zu, als er das Schweigen nicht mehr aushielt. »Sie wurde entführt.«

Maras schmale Augen wurden kreisrund bei dieser Offenbarung.

Zum ersten Mal verspürte Bryn das Gefühl, dass Holly in der Pilotin der Abenteuer eine Freundin gefunden hatte. Zuvor glaubte er, dass es eine Wunschvorstellung seiner kleinen Schwester gewesen war. Geboren aus der Einsamkeit und dem Verlust ihres Vaters. Er schluckte schwer. Es war offensichtlich, dass es für Bryn keine Option war, die Garde zu informieren.

»Ich habe nur noch heute, sonst werden sie Holly ins Flüsterviertel bringen und da wird sie nie wieder herauskommen.«

Bryns Stimme brach. Angst und Verzweiflung waren es, die ihn um Gnade betteln ließen. Mit wachsendem Unbehagen beobachtete er, wie sich Maras Gesichtsausdruck veränderte, bis sie einem Wiesel glich. »Gibt es eine Lösegeldforderung oder sowas?«

In seinem Magen hüpften ein paar Würmer auf und ab, die auch Schmetterlinge der Erleichterung sein konnten. Das war für Bryn nicht zu unterscheiden. Mara wies ihn nicht ab. Vielleicht würde sie ihm sogar helfen.

»Ich soll das erste Liba finden, mit dem Symbol der Morgenröte«, begann er hektisch zu erzählen und sprang auf, »Ich weiß überhaupt nicht, was das sein soll.«

Neue Hoffnung wärmte seine Adern, während er zwischen Müll, Zahnrädern und der Wäsche nach dem vergilbten Papier mit dem magischen Siegel suchte. Mit roter Tinte an einem Federkiel waren die Worte geschrieben worden. Erst der Rabe war es, der das Gesuchte entdeckte und es ihm hinhielt, sodass er Mara den Drohbrief geben konnte. Gespannt wartete er, bis die Pilotin der Abenteuer die Zeilen überflogen hatte.

»Hast du mal bei Barnacles nachgefragt, was das sein soll?« »Barnacles«, echote Bryn und spielte nervös mit seinen Fingern, »Ich dachte … wenn jemand Holly holt, dann wegen diesem Liba. Es ist doch eins aus der ersten Charge und Holly hat bei euch gearbeitet.«

Der junge Mann verschwieg die Zusammenhänge zwischen dem Taschenautomaten und seinem Urgroßvater. Trotz allem wusste er nicht genau, ob er Mara vertrauen konnte.

»Aber wir haben keine religiösen Symbole auf diesem Liba. Ich schätze, du hast das schon untersucht«, gab Mara spitz zurück.

»Wir?«, echote der Phox noch einmal und sah sie angespannt an.

»Ja. Wir.« Mara erhob sich und strich die graue Uniformjacke mit den aufgenähten Rüschenapplikationen glatt.

»Ich helfe dir, deine Schwester zu finden. Die Garde ist ohnehin zu nichts zu gebrauchen und Holly ist … meine Freundin. Los, wir müssen zuerst zu Barnacles und nachforschen, was mit diesem Symbol gemeint sein könnte.«

Mara war es, die mit einem Mal das Heft dieser Befreiungsaktion in der Hand hatte. Auf dem Weg zu Barnaclesʼ Bücherarchiv, der einzigen Möglichkeit, jegliches Wissen der Welt nachzuschlagen, hatte sie Bryn mit Fragen gelöchert, die er mehr schlecht als recht beantwortete. Die Bankierstochter bemühte sich, nicht zu viel auf den Gerüchten und dem Aberglauben über die Phox-Menschen herumzureiten. Dass Holly, ihre gute Freundin, zu dieser Kultur gehörte, musste sie erst noch verarbeiten.

Mit langen Schritten durchmaß sie die mächtige Eingangshalle des Bucharchivs. Wenn es stimmte, was die Raben zu Bryn gesagt hatten, dann waren seine Überlegungen zutreffend. Eventuell hatte der Orden seine Finger im Spiel. Den Kuttenträgern, so sagte ihr Vater, ist nicht zu trauen.

Kurz darauf saßen die beiden eng zusammen an einem Tisch und lauschten dem leisen Surren der Federn, die menschenähnliche Automaten und Bücher mal hierhin, mal dorthin schickten. Der rote Teppich verschluckte die Schritte der grazil wirkenden Mechanismen.

»Guten Tag, mein Name ist Bosse. Sie fragen nach religiöser Symbolik, das ist eines der Hauptgebiete meines Zuständigkeitsbereichs. Es freut mich, dass Sie sich für James Barnaclesʼ Bücherarchiv entschieden haben.«

Die blecherne Stimme zeugte von den alten Stimmplatten, die bei den Automaten nicht mehr eingesetzt werden durften.

»Danke, Bosse. Es freut uns, dass du uns helfen wirst«, entgegnete Mara in ihrer üblichen Freundlichkeit.

Als Bryn neben ihr verhalten lachte, durchbohrte sie ihn mit einem mahnenden Blick. Auch wenn Bosse so klang, als hätten sie im Kesselviertel eine Auswahl an Nachforschungsmöglichkeiten, obwohl dem nicht so war, war das kein Grund zu lachen.

»Bryn, zeig ihm den Brief«, befahl sie ruppig, völlig in ihrem Element.

Ihr Blick wanderte kurz über Bosses schiefe Statur. Er hatte ein Holzbein und konnte nur eine Hand benutzen. Sie vermutete, dass er ein Ersatzteilautomat war. Die wurden bei Thane Millburg zusammengesetzt, um den hohen Nachfragen nach der neuen Technologie gerecht zu werden. Er tat ihr augenblicklich leid.

»Verzeihen Sie, Madame«, warf der Automat in geduldigem Tonfall ein, »wir Automaten können nicht lesen. Bitte nennen Sie mir Ihr Anliegen und ich werde sehen, wie ich Ihnen helfen kann.«

Mara bildete sich gerne ein, dass die Automaten lächeln würden, hätte man ihnen die Möglichkeit zu einer Mimik gegeben. Ihr Fauxpas trieb ihr leicht die Schamesröte in die Wangen.

Zu Maras Erleichterung begann Bryn zu erklären: »Es soll ein Liba geben, auf dem das Symbol der Morgenröte abgebildet ist. Wir brauchen Informationen über dieses Symbol.«

Einen Moment geschah nichts und die Bankierstochter spürte, wie ihr Begleiter langsam nervös wurde.

Bosse rührte sich nicht, dann knarzten und quietschten seine Gliedmaßen und es schien, als erwachte er langsam zum Leben.

»Das Symbol der Morgenröte ist ein heiliges Symbol, welches nicht mehr in den Schriften verzeichnet werden darf. Außer für detailliert angefragte Forschungsvorhaben ist es seit der neuen Zeitrechnung verboten, religiöse Symbole außerhalb des Ordens zu erwähnen. Leider kann ich Ihnen nicht weiterhelfen.«

»Aber es ist wichtig!«, brauste der Schwarzhaarige neben ihr auf, »Bitte. Gibt es Erwähnungen dieses Symbols? Irgendwo als Randnotiz?«

Geduldig wartete Mara darauf, dass Bosse seine Gedanken ordnete.

»Wir haben viele Abhandlungen über das Liba. Damit kann ich dienen«.

Der Automat neigte kurz den Kopf, dann stakste er ungelenk davon in die tiefen Labyrinthe des Bücherarchivs, ohne auf eine Antwort der Beiden zu warten.

»Verdammt!«

Bryn ließ seine Faust auf den Tisch donnern, an welchem er seit Stunden mit Mara saß. Der laute Schlag ließ Hollys Freundin einen Satz machen und die anderen Suchenden im Bücherarchiv mürrisch zu ihnen blicken.

»Bryn, beruhige dich«, zischte das Mädchen ihn an und legte eine Hand auf seine Faust. Auch wenn Bryns erster Impuls war, dass er die Hand wegziehen wollte, ließ er es dennoch geschehen. Er wollte sich nicht anmerken lassen, dass er nicht richtig lesen konnte, doch seine Augen wurden mit jedem neuen Buchstabensalat müder und seine Verzweiflung wuchs. Es war, als hätte er ein Monster auf dem Rücken, das ihn immer weiter zu Boden drückte. Vereinzelt waren die Worte Phox und Morgenröte in den Schriften gefallen, sodass er fieberhaft versuchte, die Verbindung herauszuarbeiten. Er seufzte, nickte und ließ den Blick wieder auf das Buch vor ihm gleiten, als ihm der Atem stockte.

»Hier sind Seiten herausgerissen.«

»Beschädigte Bücher sind im Bücherarchiv verboten«, kommentierte Bosse diese Tatsache und wirkte ehrlich überrascht. »Welch ungebührliches Verhalten. Das Wissen muss zurückgeholt werden.«

Bryn wusste nicht, ob es daran lag, dass Bosse ein Ersatzteilautomat war oder daran, dass er selbst seine Frustrationsgrenze bereits überschritten hatte, doch dieser Automat ging ihm schrecklich auf die Nerven.

»Was fehlt denn?«, unterbrach Mara Bryns Gedanken.

Neugierig schob sie Schriftrollen, Pergament und schwere Ledereinbände zur Seite, um kopfüber auf Bryns Buch zu sehen.

»Tonaufnahme? Wieso ausgerechnet das?«, überlegte Mara zu Bryns Glück laut vor sich hin, da der junge Phox keine Möglichkeit hatte, zu entziffern, was in dem Buch fehlte. Er überlegte einen Moment, dann musste er verschmitzt grinsen. »Das Phoxigon. Los, wir müssen zum Phoxigon!«

Ohne auf die Pilotin der Abenteuer zu warten, sprang Bryn über den Tisch und rannte zum Ausgang. Ihnen blieben nur noch wenige Stunden. Es gab keine Zeit zu verlieren.

Das Phoxigon war ein kleines, unscheinbares Gebäude zwischen einer Wäscherei und einem Ankauf für alte Zahnräder. Seit dem Grauen Sommer, jenem geschichtsträchtigen Tag des üblen Terroranschlags, war die riesige orgelähnliche, mechanische Spieluhr in dem hallenartigen Raum nicht mehr erklungen. Es war ein weiter Weg, um von Barnacles zu diesem Instrument zu gelangen, der größten Spieluhr in Valys. Nur manchmal verirrten sich Touristen an diesen Ort.

Bryn stolperte ohne Grußwort an dem Wächter vorbei, dicht gefolgt von Mara. Im schummrigen Licht des Phoxigon blieb Mara erstaunt stehen. Vor der riesigen Spieluhr stand ein silbrig schimmernder Eisbär, ihm gegenüber, ein durchscheinender Mann mit Halskragen, aus einer anderen, fernen Vergangenheit. Sie stritten sich lautstark.

»Nein Igor! Nein, ich verbitte mir diesen Ton!«, schimpfte der Halskragen verschnupft, worauf der Eisbär belustigt brummte.

»Sai maʼ ned so hochtadelich, Humbert«, grollte er und die Stimmen der beiden echote von den Wänden.

Mara hatte noch nie Geister gesehen und glaubte zunächst, sie müsse sich bei einem Arzt melden. Erstaunt beobachtete sie, wie Bryn auf die beiden Gestalten zutrat, als wären es alte Freunde.

»Igor! Humbert!«

Zwei Stufen auf einmal nehmend, erklomm der Schwarzhaarige das Podium und brachte die beiden Geister damit zum Schweigen.

»Ein Phox!«, rief Humbert, der Halskragen aus, als hätte er eine Maus gesehen, vor der er sich fürchtete und wich zurück. Igor der Eisbär indes sprang auf die Hinterpfoten und wollte sich in einer brüderlichen Umarmung auf Bryn stürzen, doch sein durchscheinender Körper ließ keinen Kontakt mit dem Phox zu. Stattdessen ragte Bryns Kopf aus dem Rücken des Bären heraus, was Mara dazu trieb, sich die Augen zu reiben.

Ohne sich weiter mit Höflichkeiten aufzuhalten, erklärte Bryn in schnellen, knappen Sätzen, was sie suchten. Mit jedem Wort konnte Mara beobachten, wie sich Humberts Züge verfinsterten, dann erhellten und schließlich ein Zeichen des Erinnerns durch seine Augen schoss.

»Das Morgenrötesymbol natürlich!« Er lachte anstößig. »Nur das originale Liba wurde damit ausgestattet. Von Lindrovic, deinem Urgroßvater, kleiner Phox. Hätte er sich doch nur nie mit diesem düsteren Kuttenmann eingelassen.«

»Und wo befindet sich das Heute?«, fragte sie schnell dazwischen und zog so die gesammelte Aufmerksamkeit auf sich.

»Na sowas a Madele!« Igor sprang auf die Hinterpfoten und klatschte aufgeregt, während Humbert sich einen Geisterfächer herbeizauberte und sich damit Luft zufächelte. Auffordernd blickte Mara Bryn an, da die beiden Geister offenbar nicht mit ihr sprechen wollten. Zu ihrer Verwunderung fragte Bryn die Geister jedoch nicht, sondern verschwand in der riesigen Spieluhr. Kurz darauf erklang ein heller Ton, gefolgt von einem dumpfen Halbton und Bryn kroch wieder zwischen den Pfeifen hervor.

»Das hier muss es sein!«

Seine Stimme überschlug sich vor Aufregung, als er die Taschenuhr präsentierte, welche er im Innern der Spieluhr gefunden hatte. Humbert und Igor sahen ihm über die Schulter.

»In der Tat, in der Tat.« Humbert zog die Nase kraus. »Das Morgenröte-Liba.«

»Des siegt so zerbrechlich us«, kommentierte Igor, »Wieso hamma mir ned so eins b’komma, Humbert?«

»Weil wir keine irdischen Besitztümer verwalten müssen«, entgegnete der Poltergeist trocken.

»I mog auʼ so eins.« Der Eisbär hob den Kopf und fixierte seinen Freund. »Des isch ollas dia Schuld! Die’etwegen bin I oa Eisbärn un‘ oa Poltergeischt no zu!«

Ohne den Streit weiter zu beachten, schnappte Bryn Maras Hand und stolperte mit ihr zurück auf die Straße. Auf ihrem Weg zu der Brücke der Tausend Zahnräder, eine der Hochbauten, die das Kesselviertel mit den umliegenden Vierteln verband, bewunderte Mara Bryns Ausdauer und Schnelligkeit. Es fiel ihr schwer, mit ihm mitzuhalten und das, obwohl sie längere Beine hatte als er.

Die Sonne war hinter dem Horizont verschwunden, als Bryn die letzte Leitersprosse hinter sich ließ und auf der menschenleeren Brücke stand. Vereinzelt konnte er die Schemen jener Bewohner ausmachen, die zu dieser Zeit für die Reinigung der Brücke zuständig waren. Der Gestank der Vanvan-Hinterlassenschaften war hier noch fürchterlicher als in der Dampf-Welt. Gerade als er glaubte, dass er zu spät war oder an der falschen Stelle stand, hielt ein Vanvan-Karren mit baumelnder Laterne neben ihnen. Das großgewachsene Tier vor dem hölzernen Gefährt glich einem Moschusochsen mit vier Hörnern und blähte die Nüstern leicht auf, um einen stinkenden Seufzer von sich zu geben. Im schummrigen Lichtkegel saß eine vermummte Gestalt und streckte die Hand nach ihnen aus. Fordernd öffneten und schlossen sich die Finger der Person.

»Wo ist meine Schwester?«, verlangte Bryn mit dünner Stimme zu wissen.

Eine kalte Furcht übermannte ihn fast. Die Person unter der Kutte machte eine Kopfbewegung und hinter den Waren auf dem Karren erhob sich langsam Hollys Gestalt. Ein schemenhaftes Abziehbild seiner sonst so fröhlichen Schwester. Mara eilte zu ihr, um sie vom Karren zu holen, und Bryn legte dem Unbekannten die Taschenuhr in die Hand.

»Lassen Sie meine Familie in Ruhe. Endgültig.«

Er hoffte, dass er bedrohlich genug klang. Die Gestalt sagte nichts, nickte und knallte mit einer Peitsche. Zusammen mit Mara beobachtete Bryn, wie der Karren über die Brücke fuhr und außer Sichtweite verschwand. Ihm war egal, was der Orden mit diesem Liba vorhatte. Er wollte nicht wissen, in welche Machenschaften sich sein Urgroßvater verstrickt hatte.

»Holly«, er konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten, »Oh Gott, Holly … es tut mir so leid.«

»Bryn.« Ihre Stimme war dünn und ihre Hände tasteten fahrig und zitternd über seine Kleidung. »Bryn, du bist es.«

»Ja«, er nickte heftig, nahm ihre Hände und legte sie an seine Wangen, damit sie sein Gesicht betasten konnte, »Ja, ich bin es. Jetzt wird alles gut.«

Hollys blinde Augen trafen seine und für einen kurzen Moment glaubte Bryn, dass sie ihn direkt ansah. Sie lächelte erleichtert und die drei fielen sich in die Arme.


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Claas Gerald Gerdsen
Vor einem Jahr

Ein Phlox mit seinen Raben, die Tochter eines Bankies und die Suche nach dem ersten Liba. Dazu Bücherei-Automaten und zwei Poltergeister im Phoxigon. Die Geschichte von Bryn und Mara baut Valys auf eine schöne Weise weiter aus.